Advent, Advent, nicht viel Licht mehr brennt. Vor einem Jahr bin ich zum ersten Mal zu meiner Selbsthilfegruppe für FTD-Angehörige gegangen. Es war kein normales Treffen, es war die Weihnachtsfeier der Gruppe. Morgen gehe ich zum zweiten Mal zu dieser sehr besonderen Weihnachtsfeier. Ein Jahr lang habe ich jetzt fast jeden Monat andere Betroffene meiner Stadt getroffen. Wir haben uns unsere Geschichten erzählt, wir haben uns zugehört, geredet, uns Tipps gegeben, geweint. Und gelacht – auch das.
Was wäre das Leben, wenn man nicht mehr lachen könnte? Auch im Zusammenleben mit einem dementen Menschen gibt es witzige Momente. Tatsächlich. Ein Beispiel. Da mein Mann kaum noch sinnvolle Gespräche führen kann, textet er lieber per SMS, wenn ich auf Arbeit bin. Da erhalte ich dann Mitteilungen, die kaum zu verstehen sind. Manchmal aber doch. Neulich schrieb er mir: „Ich habe meine Titte“. Dank Autocomplete-Funktion sogar grammatikalisch und orthographisch richtig. Trotzdem völlig unverständlich aber lustig. Was will er mir bloß sagen, fragte ich mich den Rest meines Arbeitstages. Am Abend kam raus: Er hatte seine Zusage für die Klinikeinweisung von der Krankenkasse bekommen. Wie daraus „Titte“ wurde, weiß wohl nur T9 oder irgendein Algorithmus. Ich halte es da sowieso mit Woody Allen: „Komödie ist Tragödie plus Zeit“. Stimmt fast immer. Sogar bei Demenz. Obwohl ich im Moment wirklich nicht viel zu lachen habe. Über die „Titte“ habe ich aber herzlich gelacht.
Wenn ich an Weihnachten denke, bleibt mir allerdings das Lachen im Halse stecken. Wie sollen wir es in diesem Jahr feiern? Im vergangenen Jahr war es noch ein recht normales Weihnachtsfest. Auch dank unserer russischen Austauschschülerin. Mit Baum, Geschenken und gutem Essen. Jetzt ist das anders. Er kann kaum noch reden, ist nur noch abwesend. Jeden Tag kann der Brief der Pflegekasse im Briefkasten sein, der uns seinen Pflegegrad verkündet. Ein Zusammenleben ist nicht mehr lange möglich. Das Heim, die Demenz-WG, das betreute Wohnen oder was auch immer, steht draußen vor der Tür. Alles schmeckt nach Abschied. Nicht nach Ankunft. Was ja eigentlich der Sinn der Weihnacht ist. Es ist für uns eine Zeit angekommen, die bringt uns eine große Freund. Für uns bringt diese Zeit den Abschied. Als alte Katholikin muss ich da eher an Karfreitag denken. Fürchtet euch nicht! Ich aber fürchte mich sehr. Er will nicht weg. Aber er muss. Weihnachten ist bei uns eher ein Ende als ein Anfang. Der Anfang eines Kreuzwegs, eines Scheidewegs, eines Endes.