Der Vater meiner Kinder lebt schon seit Monaten in einer Pflegeeinrichtung. Er kann nicht mehr sprechen, lesen, schreiben, steht seit langem unter gesetzlicher Betreuung. Die Betreuerin hat sogar das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihn. Die Demenz ist weit fortgeschritten. Und trotzdem hat mein Ex-Mann immer noch das Sorgerecht für unsere jüngste Tochter. Diesen absurden Zustand versuche in seit einiger Zeit zu ändern. Denn er bereitet mir erheblich Probleme im Alltag. Bei vielen Dingen, wie Ferienfahrten, Impfungen oder Schwimmerlaubnis im Hort, wird die Zustimmung des zweiten Sorgeberechtigten gefordert. Da bleibt nur lange erklären und auf Kulanz hoffen oder gleich mogeln. Kein Dauerzustand.
Ich hätte das schon viel früher regeln sollen, ja. Aber ich wollte meinen Ex nicht in Aufruhr versetzen oder vor den Kopf stoßen. Die Kinder waren ihm immer das Wichtigste. Darum habe ich gewartet, bis die Demenz ihm so viel genommen hat, dass er nicht mehr versteht, was Sorgerecht ist. Damit er diesen würdelosen Verwaltungsakt nicht bewusst miterleben muss.
Nun warte ich seit fast drei Monaten auf eine Entscheidung des Familiengerichts. Bisher habe ich nicht mal eine Eingangbestätigung meines Antrags erhalten. Ach, Berlin. Das unfassbare Unvermögen von Berliner Behörden kenne ich ja schon vom Behindertenausweis für meinen Ex-Mann. Bei einer telefonischen Nachfrage habe ich zumindest das Aktenzeichen erfahren. Wie lange es dauern wird? Konnte mir im Gericht keiner sagen. Dabei könnte unser Fall doch wohl kaum klarer sein: Ein Vater, der nicht mehr für sich selbst sorgen kann und unter voller gesetzlicher Betreuung steht, kann doch wohl kaum Sorgerecht für ein Kind ausüben. Es sollte eine Formalie sein, das alleinige Sorgerecht auf mich zu übertragen. Ich trage die Sorge für unsere Kinder doch sowieso seit Jahren allein – was denn sonst?
Liebe Aphasia,
ich verfolge deinen Blog jetzt seit 2 Jahren…. Die Schwester meines Mannes hat nun ein Einsehen, und die zwangsweise Unterbringung meines Mannes im Pflegeheim ins Gespräch gebracht. Ich bin sehr froh darüber, weil ich mich nicht getraut habe, es anzusprechen. Ich hatte schon geplant, Ende Oktober mit meinem jüngeren Sohn auszuziehen, weil die ganze Situation für niemanden mehr zu ertragen war…. Er verweigert seine Medikamente, das Personal der Tagespflege, private Betreuer … pöbelt alle an, die im Haus sind…. aber jetzt : Wir haben einen Lichtstreifen am Horizont!
So schlimm es ist – ich freue mich für meinen Mann, wenn er endlich Ruhe hat, auch wenn es medikamentös eingestellt wird. Ich freue mich für meine Kinder, die endlich wieder ihr Zimmer verlassen und sich im Haus bewegen können, ohne dass sie angepöbelt und verschimpft werden.
Ich wünsche deinen Töchtern und Dir, dass ihr weiterhin die Stärke haben werdet, alle Situationen zu meistern ! Ich weiß, wie allein man mit vielem gelassen wird!
Meine Söhne und mich hat das alles so eng miteinander verschweißt, dass ich weiss, ich werde mich mein Leben lang auf sie verlassen können. Und dafür bin ich extrem dankbar!
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