Niemand konnte mich je so gut verstehen wie der Tango. Niemand konnte so gut trösten. Er war da, als meine Welt in Tausend Scherben zerbrach. Als die Demenz in unser Leben einbrach, mir den Liebsten nahm, meinen Kindern den Vater.
Seine tiefe, kraftvolle Traurigkeit spiegelte die meine. Seine Würde, seine Eleganz gaben mir Halt in einem Leben, in dem jeder Halt verloren gegangen war. Er wurde meine Zuflucht, mein Trost. Und er ist es bis heute.
Viele Monate habe ich keine Zeit für ihn gefunden. Die Arbeit, die Kinder, die immer noch unter den Auswirkungen der Katastrophe leiden und noch lange leiden werden. Immer wieder Termine im Jugendamt, mit den Lehrern und Erziehern. Immer wieder auffangen, was die Demenz kaputt gemacht hat. So viele Versuche heil zu machen, was doch nicht zu heilen ist. Der Versuch, den Vater zu ersetzen. Die Sorge um ihn, den Kranken. Die Unmöglichkeit mit ihm zu kommunizieren. Die Trauer um den Mann, der noch nicht gestorben, aber trotzdem nicht mehr ist. Das alles hat mich im Griff. Die FTD lässt mich noch lange nicht los. Vielleicht wird sie das nie.
Doch der Tango ist da, ist es immer gewesen. Er hat auf mich gewartet. Jetzt, wo ich zurückgekommen bin, hat er mich bereitwillig wieder in seine Arme genommen. Ich tanze, ich fliege, ich bin heil. Das ist das absolute Glück. Es existiert nur im Moment. Oft nur einen Sekundenbruchteil lang. Aber dann ist alles gut. In diesen winzigen Momenten existiert die FTD nicht. Hier endet ihre Macht.
Ich wünsche mir, dass jeder in seinem Leben etwas findet, das die Macht des Schicksals bricht. Und sei es nur für ein paar winzige Augenblicke.