Mein Freund und ich sind jetzt seit gut einem Jahr ein Paar. Er hat mir sehr durch die schwere Zeit geholfen. Er stand mir bei, als mein Ex noch bei mir lebte und ich mich um ihn gekümmert habe. Er hat mit mir Lösungen gesucht und geholfen sie umzusetzen.
Dabei wollte ich gar keine neue Beziehung. Dachte ich zumindest. Als es mir damals besonders schlecht ging, hatte ich einen Plan gefasst, um der FTD-Hölle zeitweise zu entrinnen. Ein Teil des Plans war, einen gesunden Tango-Tanzpartner zu finden. Bis dahin hatte ich immer mit meinem Ex-Mann getanzt. Mein Freund war der erste, der sich auf meine Anzeige meldete. Tanzpartner wurden wir nicht, aber ein Paar. Als wir uns zum ersten Mal gegenüberstanden, haben wir uns sofort erkannt. Als Menschen, die eine Katastrophe durchlebt haben. Als vom Schicksal Versehrte. Als Überlebende. Das Erkennen geschah nicht bewusst. Aber das Band war gleich zu spüren. Erst rückblickend begreife ich das. Es war von Anfang an da.
Wir sind völlig verschieden, haben keinerlei berufliche Gemeinsamkeiten, lachen über ganz andere Witze, mögen unterschiedliche Filme. Und auch sonst gibt es mehr Trennendes als Verbindendes. Unter anderen Umständen hätten wir wohl nie zueinander gefunden. Aber durch die Erfahrung als Überlebende haben wir sehr viel gemeinsam: Wir haben kein Interesse an einer „Karriere“ oder der nächsten Gehaltsgruppe. Auch keins an Statussymbolen wie Autos, edler Kleidung, einer Eigentumswohnung oder der nächsten noch großartigeren Urlaubsreise. Das alles sind Dinge, die uns nicht (mehr) bewegen können.
Wir sind durch die Hölle gegangen – jeder durch seine eigene, von einem ungnädigen Schicksal zugewiesene Hölle. Wir sind viele Jahre Achterbahn gefahren. Auf und ab, hoch und runter. Das ganze Programm. Wir haben viele Freunde verloren, aber auch einige neue gewonnen. Wir waren ganz unten und haben dort unsere Stärke entdeckt. Die kann uns niemand mehr nehmen. Wir haben gelernt aus wenig viel zu machen – darin sind wir beide heute wahre Meister. Wir haben gelernt zu genießen.
Wir lieben solange es Liebe ist. Wir leben solange wir leben. Was morgen ist – wir fragen uns das eher selten. Denn wenn wir etwas wissen, dann, dass morgen alles vorbei sein kann. Wir haben es nicht in der Hand. Das haben wir ja beide erlebt.
Unsere jeweilige Geschichte ist keine gute Voraussetzung für eine Beziehung. Das weiß ich. Vielleicht ist unsere Liebe nur ein Sprungbrett zurück ins normale Leben. Und wenn schon. Kein Grund, heute nicht zu lieben.
so ist es gut, einfach geschehen lassen,
lg
manni
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So ein schöner Text!
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