Umzug in Sicht

Die Kisten sind gepackt, die Möbel zerlegt. Mein Ex-Mann zieht tatsächlich aus. Ich kann es immer noch nicht fassen. Trotz Demenz wird er in einer eigenen Wohnung in seiner Heimatstadt leben. Betreut – gepflegt – von seinen Geschwistern, die ganz in der Nähe wohnen. Nach Ostern startet für uns beide ein ganz neues Leben.

Seit er den Mietvertrag hat, hat sich mein Ex-Mann sehr verändert. Die Apathie – eins der beherrschenden Symptome seiner FTD – scheint wie weggeblasen. Er hat ganz allein die Umzugskartons besorgt, ist gestern zum Renovieren in seine neue Wohnung gefahren. Wie es scheint, kann er es kaum abwarten, wieder in seiner Heimat zu leben.

Nicht alle sind glücklich mit unserer Entscheidung: Durch die Umzugspläne habe ich den Hass seiner Familie auf mich gezogen. Aber damit kann ich leben. Sie haben sich ein halbes Jahr lang geweigert über die Pflege ihres Bruders mit mir zu sprechen, haben meinen Hilferuf vom vergangenen September einfach ignoriert. So stehen sie jetzt eben vor vollendeten Tatsachen.

Auch meine kleine Tochter findet es gar nicht schön, dass Papa auszieht. Aber wir werden ihn besuchen. Und er wird auch uns regelmäßig besuchen solange er das noch kann.

Mein Ex-Mann freut sich so sehr auf seine schöne Insel. Er wird wieder fotografieren. Er nimmt seine komplette Ausrüstung mit, die ich eigentlich schon für ihn verkaufen wollte. Jetzt braucht er sie wieder. Und ich überlege, ob man nicht mit seinen Fotos, die er an der Küste machen wird, eine ganz besondere Ausstellung machen könnte.

3 Gedanken zu “Umzug in Sicht

  1. Ja genauso habe ich das Alles erlebt. Mein Mann hat auch Umzugskisten gepackt, als es um das betreute Wohnen ging. Es war eine schwierige Entscheidung. Er ist dann oft nachts durch die Gegend gelaufen und wurde auch einmal in einem Laubhaufen von Kleingärtnern aufgefunden. So blieb nur noch das Heim. Die Familie kann das nicht verstehen oder will es nicht. Da kommen Vorwürfe, die unberechtigt sind und Schuldansagen. Gerade mein Schwiegermutter hat mir gesagt:“ musstest ihn abschieben“. Sie waren nicht in der Lage sich in seine Krankheit zu versetzen und haben einen großen Bogen gemacht. Ein Sündenbock ist dann immer gut und der war ich. So wird es Ihnen auch gehen.

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